ver.di appelliert an das Land Hessen, bei den laufenden Tarifverhandlungen konkrete Schritte zur Ausweitung unbefristeter Beschäftigung an Hochschulen zu vereinbaren. „Die ausufernde Befristungspraxis ist das brennende Thema an den Universitäten. Deshalb haben wir die Erwartung formuliert, hierzu tarifliche Regelungen zu vereinbaren“, erklärt Gabriel Nyc, bei ver.di Hessen zuständig für Bildung, Wissenschaft und Forschung. An den hessischen Hochschulen hätten bis zu 92 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Im administrativ-technischen Bereich seien über 20 Prozent der Beschäftigten auf Zeit angestellt. „Der Hochschulbetrieb basiert auf der Arbeit von Menschen, die in permanenter Unsicherheit leben müssen. Mit den eigenen Ansprüchen in Sachen Fairness und Familienfreundlichkeit passt das nicht zusammen“, so der Gewerkschafter.
ver.di schlägt eine Tarifregelung vor, wonach der Anteil unbefristeter Stellen im wissenschaftlichen Mittelbau schrittweise auf 50 Prozent angehoben wird. „Wissenschaft muss auch abseits von Qualifikation und raren Professuren Perspektiven bieten können“, fordert Nyc. Auch im nichtwissenschaftlichen Bereich, also in Verwaltung und Technik müsse sich die Befristungssituation entspannen. Hier seien vor allem Drittmittel für Befristungen verantwortlich. „Bei bis zu 5.700 Beschäftigten muss eine gute Personalplanung das aber einfangen können“, so der Gewerkschafter.
Auch der »Kodex Gute Arbeit«, über den das hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst derzeit mit Hochschulleitungen und Personalvertretungen Gespräche führt, werde keine Abhilfe schaffen. „Nach unserem Kenntnisstand beinhaltet der Kodex nicht einmal ansatzweise eine Lösung des Befristungsproblems. Die beteiligten Personalräte sehen das genauso“, kritisiert Nyc.
Frauke Banse von der Initiative »Uni Kassel unbefristet« bemängelt fehlende Transparenz bei den »Kodex«-Gesprächen. So dürften etwa deren Zwischenergebnisse nicht weitergegeben werden. „Geheimverhandlungen über einen Kodex, der letztlich nicht mehr als eine reine Absichtserklärung ist, kann eine verbindliche Tarifregelung keinesfalls ersetzen“, betont die Gewerkschafterin. „Die Hochschulleitungen haben in den vergangenen Jahren immer wieder behauptet, mehr unbefristete Stellen schaffen zu wollen. Aber geschehen ist so gut wie nichts. Wir brauchen endlich klare, wirksame und umfassende Vereinbarungen.“ Die Gewerkschaften und die unbefristet-Initiativen an den hessischen Hochschulen wollen in den kommenden Tagen durch Protestaktionen und Warnstreiks den Druck auf die Arbeitgeberseite erhöhen.
So sind heute in Frankfurt die Beschäftigten der Goethe-Universität und der University of Applied Sciences UAS im ganztägigen Warnstreik. Die Streiks werden betriebsnah durchgeführt, das heißt, es gibt keine Demonstration, die Streikenden halten sich an ihren Universitäten auf und suchen das Gespräch mit ihren Kolleg*innen.
Auch die Beschäftigten der Justus Liebig Universität und der Technischen Hochschule Mittelhessen THM in Gießen sind heute in betriebsnahen Warnstreiks.
Morgen, 6.Oktober, treffen sich die Beschäftigten der Gesamthochschule Kassel ab 8.30 Uhr an der Mensa zum Streiktag, der ein Streikcafé, Workshops und Spaziergänge über den Campus vorsieht.
Am Donnerstag, 7.Oktober streiken in Darmstadt Beschäftigte der Technischen Universität. Sie werden sich ab 14.30 Uhr an einer Kundgebung auf dem Ludwigsplatz beteiligen.
Am Freitag, 8.Oktober sind die Beschäftigten der mittelhessischen Universität Marburg im Online-Streik. Sie bleiben an diesem Tag zuhause und treffen sich zur virtuellen Streikversammlung
Bei den Tarifverhandlungen für die hessischen Landesbeschäftigten haben die Gewerkschaften neben den Gehaltsforderungen Erwartungen formuliert wie das Ausweiten unbefristeter Beschäftigung an Hochschulen oder das Einbeziehen studentischer Hilfskräfte in den Tarifvertrag.