12.November 2024. Innenminister Poseck und Finanzminister Lorz haben den Gewerkschaften mitgeteilt, dass sie beabsichtigen, die Besoldungserhöhung für die 105.000 hessischen Beamtinnen und Beamten nicht im August, sondern erst im Dezember auszuzahlen.
Die stellvertretende Landesbezirksleiterin Natalie Jopen: „Treffen wird das vor allem die unteren Besoldungsgruppen. Wir erinnern uns: das Besoldungsgesetz und die vorangegangenen Tarifverhandlungen im März 2024 standen im Zeichen der galoppierenden Preise. Es ging darum, real verlorene Kaufkraft auszugleichen. Das den Beamtinnen und Beamten jetzt zu kürzen, ist eine besondere Härte.“
Gesetze erst zu verabschieden, so Jopen und sie dann nachträglich wieder abzuändern, könnte das Vertrauen in Politik weiter schwächen. " Und die Feinde der Demokratie stehen am Rand und reiben sich feixend die Hände.“
Außerdem, so Jopen weiter, entferne sich Hessen mit derlei Maßnahmen immer weiter von einer verfassungskonformen Besoldung. Frühere Besoldungskürzungen hatten 2020 zu einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts geführt, wonach die Alimentation in Hessen zu niedrig ist. „Bislang hat das Land diesen Zustand nicht behoben. Mit der neuen Besoldungskürzung ist auch nicht ersichtlich, wie es das ausgleichen will. Und auch hier trifft es wieder stärker die unteren Besoldungsgruppen.“
Der hessische Landtag hat am 19.Juni das Gesetz zur Beamtenbesoldung beschlossen. Damit ist ein weiterer wichtiger Teil der hessischen Tarif- und Besoldungsrunde 2024 abgeschlossen. ver.di Hessen hatte dazu Stellung bezogen. Der DGB-Hessen-Thüringen als Spitzenorganisation für Beamt*innen ebenso. Er forderte Nachbesserungen für die niedrigeren Besoldungsgruppen. Der Entwurf sieht keine wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses vor. Denn der Festbetrag von 200 Euro fehlt. Statt dessen gibt es eine prozentuale Erhöhung, was insbesondere die unteren Besoldungsgruppen benachteiligt.
Mehr zur Tarifeinigung und den vorangegangenen Verhandlungen.
Am Samstag, 9.März unterstützten die hessischen Beamtinnen und Beamten die Tarifrunde mit einer Demo in Frankfurt. Mehrere hundert Kolleg*innen beteiligten sich. Hier Eindrücke davon, festgehalten vom Fototeam Hessen
Dezember 2023. Deutsche Beamt*innen und Beamte dürfen weiterhin nicht streiken. Das Streikverbot für Lehrer mit Beamtenstatus in Deutschland verletzt nicht die europäische Menschenrechtskonvention. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg am 14.12.2023 entschieden. Das Urteil war mit Spannung erwartet worden. Viele hatten sich vorstellen können, dass der Gerichtshof das Streikverbot kippt und es in Deutschland neu hätte geregelt werden können.
Auch in Hessen schaute man aufmerksam nach Straßburg: Hessische Beamt*innen hatten am 16. Juni 2015 gegen ihre Benachteiligung bei der Besoldung gestreikt. Das Land Hessen hatte gegen diese Beamt*innen Disziplinarverfahren eingeleitet, die zum Teil auch durch Disziplinarstrafen (Verweise) beendet worden sind.
Der DGB, die gewerkschaftliche Spitzenorganisation für Beamt*innen, bedauert das Urteil.
In Hessen gibt es zirka 105.000 Beamt*innen im öffentlichen Dienst. Zu ihnen zählen diejenigen, die nach dem Hessischen Besoldungsgesetz, HBG, besoldet werden wie Landesbeamte, Kommunalbeamte, einige Dienststellen mit Dienstherreneigenschaft wie zum Beispiel die Goethe-Universität oder die TU Darmstadt. Außerdem gibt es in Hessen auch noch Beamt*innen, die eine andere Besoldungsgrundlage haben wie zum Beispiel Bundesbeamt*innen beim statistischen Bundesamt, beim Bundeskriminalamt, beim deutschen Wetterdienst, der deutschen National Bibliothek oder solche der Post-Nachfolgeunternehmen.
Wieder zurück zu den von Hessen besoldeten Beamt*innen. Nicht alle der Landes-oder Kommunalbeamt*innen arbeiten im Organisationsbereich von ver.di. Auch bei der Gewerkschaft der Polizei, GdP, gibt es Beamt*innen, bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, GEW, (Lehrer*innen), bei der Industriegwerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt IG BAU (Hessenforst), bei der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Industrie, IG BCE und bei der Eisenbahn-Verkehrs-Gewerkschaft, EVG. Deren gemeinsame Interessen vertritt der Deutsche Gewerkschaftsbund, DGB, als Spitzenorganisation.
Beamtinnen und Beamte führen keine Lohn-Tarifverhandlungen und bekommen keinen Lohn. Sie erhalten Sold, dessen Höhe vom hessischen Landtag [WT1] in einem Besoldungsgesetz festgelegt wird. Dabei richtete sich die jeweilige Regierung in der Vergangenheit nach den Lohntarifverhandlungen. ver.di und die anderen Gewerkschaften fordern hier immer „die zeit- und inhaltsgleiche Übernahme des Ergebnisses“, wenn ein neuer Tarifabschluss erzielt wurde.
Von diesem Brauch, dem Tarifergebnissen beim Sold zu folgen, wich die schwarz-grüne Landesregierung jedoch ab. Sie verordnete den Beamten 2015 eine Nullrunde und für 2016 und 2017 eine Steigerung ihrer Bezüge lediglich um ein Prozent. Im Juli 2017 wurden die Bezüge um 2 Prozent und dann im Februar 2018 um weitere 2,2 Prozent erhöht. Allerdings hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) schon im Mai 2015 Grundlagen für die Berechnung von Besoldungsanpassungen aufgestellt. Einige der Betroffenen zogen vor Gericht, weil sie diese als nicht eingehalten betrachteten.
Die Klagenden erzielten 2021 einen wichtigen Etappensieg. Der hessische Verwaltungsgerichtshof (HessVGH) entschied am 30.11.2021, die Besoldung in A6 sei mindestens in der Zeit von 2016 bis 2020 unter verfassungsgerichtlichen Gesichtspunkten zu niedrig gewesen. In der Besoldungsgruppe W-2 sogar in der Zeit von 2013 bis einschließlich 2020. Gleichwohl sah sich das Gericht gezwungen, den Streitfall dem Bundesverfassungsgericht, BVerfG, zur letztendlichen Entscheidung vorzulegen.
Das Verfahren ist vor den Gerichten noch anhängig, das heißt letztendlich ist nicht entschieden. ver.di fordert hier, dass der Gesetzgeber (=die hessische Landesregierung) nicht warten soll, bis das Gericht entschieden hat. Das Besoldungsgesetz ist schließlich Aufgabe der Legislative, nicht der Judikative.
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