An der Universität Kassel hat die Mehrheit der etwa 100 wissenschaftlichen Hilfskräfte (WHKs) zum 30. September ihren Arbeitsplatz verloren. Sie sind seit heute ohne Job, weil eine der letzten Novellen des Hessischen Hochschulgesetzes den Wegfall der Wissenschaftlichen Hilfskräfte vorsieht. Im August hatten ver.di und GEW in einem Offenen Brief an die Unileitung und das Ministerium für Wissenschaft und Kunst die ersatzlose Streichung der Stellen thematisiert und stattdessen die Schaffung von tariflichen Beschäftigungsverhältnissen gefordert. Darüber hinaus seien anstelle einer Lösung für alle Betroffenen lediglich für einzelne und wenige wissenschaftliche Hilfskräfte individuelle Lösungen gefunden worden. „In einer Zeit von steigenden Energiekosten und Inflation sollte die Universität Kassel als Arbeitgeberin der öffentlichen Hand ihren Beschäftigten sichere und unbefristete Arbeitsplätze bieten. Stattdessen werden Menschen in ohnehin prekären Beschäftigungsverhältnissen auf die Straße gesetzt“, kritisiert Katharina Lenuck, ver.di Gewerkschaftssekretärin.
Andere hessische Universitäten nutzten einen zeitlichen Spielraum, den das Gesetz durchaus biete. So würden die WHK-Stellen an der Universität Marburg beispielsweise erst zum 1. Januar 2023 abschafft. Selbst das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) habe in einer Ausschreibung für Forschungsgelder vom September die Möglichkeit eröffnet, Mittel für wissenschaftliche Hilfskräfte zur Verfügung zu beantragen. Die Abschaffung der Wissenschaftlichen Hilfskraftstellen scheint hessenweit recht unkoordiniert. Die Betroffenen wurden zum Teil nicht oder nur sehr spät informiert. „Wir erwarten, dass die Hochschulleitung bei Veränderungen von Arbeitsverhältnissen und Einsparungsmaßnahmen jeglicher Art im Dialog mit den Betroffenen und den Gewerkschaften Lösungen zur Beschäftigungssicherung aufzeigt und nicht die Verantwortung auf die einzelnen Arbeitsbereiche der Universitäten oder die Landesregierung abschiebt“, betont Simone Claar, stellvertretende Vorsitzende der GEW Hessen.
Wissenschaftliche Hilfskräfte haben ein universitäres Studium (Master, 1. Staatsexamen, Magister oder Diplom) erfolgreich absolviert und sind bei der Universität beschäftigt, um sich in der Forschung zu qualifizieren. De facto werden auf den Stellen häufig administrativ-technische Tätigkeiten ausgeübt. Die befristeten Arbeitsverträge der wissenschaftlichen Hilfskräfte ermöglichen die Abschaffung der Stellenkategorie, ohne den Betroffenen Kündigungen aussprechen zu müssen.
Die Gewerkschaften GEW und ver.di befürworten die Abschaffung der prekären Stellenkategorie der WHKs grundsätzlich, da diese nicht in den Tarifvertrag mit dem Land Hessen (TV-H) eingruppiert sind und vom Arbeitgeber als günstige und flexible Beschäftigungsform genutzt werden. Anstelle der prekären Stellenkategorie sollten tarifliche Beschäftigungsverhältnisse für alle Betroffenen geschaffen werden.