„Wer denkt bei der Forderung nach Öffnung der Geschäfte an die dort Arbeitenden? Die Arbeitgeber des Einzelhandels nicht wirklich, wie die erste Tarifverhandlung am 12. Mai zeigte“, erklärt Bernhard Schiederig, Landesfachbereichsleiter Handel der ver.di Hessen und Verhandlungsführer für den hessischen Einzel- und Versandhandel: „Und die neuen Vertriebsformen bringen den Beschäftigten neue Belastungen: Erst kommt der Click, dann das Meet – und am Ende stehen sie Kopf.“ Das berichtet ein Betriebsrat vom Textilhandel:
Der Arbeitgeber hatte zentral eine App ins Netz gestellt, darauf sollten sich die Kund*innen zum Shoppen anmelden können. Nach 40 Minuten brach die App zusammen, nichts ging mehr. Die Filiale durfte natürlich nicht geschlossen bleiben. Daraufhin läutete das Telefon im Geschäft eine Woche lang „gefühlt ununterbrochen 24 Stunden“. Ein/e Mitarbeiter*in muss die Terminierung der Kund*inneneinkäufe übernehmen. Die Überlastung brachte als Ergebnis: Termine wurden teilweise doppelt vergeben. Im Geschäft „teilen“ sich drei Verkäufer*innen den Telefondienst, die Einlasskontrolle und das Abkassieren der Kund*innen. Am Eingang herrscht Hochbetrieb: Hier ist die Bestätigungsmail auf dem Handy mit der Kund*innenenliste zu überprüfen; alle Kund*innen ohne Registrierung müssen sich vor Eintritt in die Filiale in ein Datenschutzblatt eintragen und sich auf die Kund*innenliste setzen lassen; Kinder unter 14 Jahren werden händisch einem dort vermerkten Elternteil zugeordnet; Kund*innen mit Bestätigungsmail, aber ohne Eintrag in der Liste, sind ebenfalls noch schnell zu erfassen. Der Mindestabstand von 1,5 Meter und die Einhaltung von Hygienestandards bleiben unter solchen Bedingungen ein unerfüllbarer „Traum“!