Mit Manfred Moos setzt sich ein weiterer langjähriger Fachbereichsleiter von ver.di Hessen zur Ruhe. 13 Jahre lang leitete er den Fachbereich 08, Medien, Kunst und Industrie
Geboren 1956, begann Manfred nach dem Abitur bei der Stadt eine Inspektorenausbildung, wechselte nach Zivildienstunterbrechung zum Studium der Germanistik und Theater-Film- und Fernsehwissenschaft an die Uni Frankfurt. Nächste journalistische Stationen: Universum Verlag in Wiesbaden, die Lebensmittelzeitung beim deutschen Fachverlag in Frankfurt, Gründung des Journalistenbüros Pica. Hauptamtlicher Gewerkschaftssekretär wurde Manfred Moos 1991. Damals begann er bei der IG-Medien in Stuttgart und ging mit ver.di Gründung nach Frankfurt. Seit 2008 Fachbereichsleiter, wechselte Manfred Moos nach 30 Jahren hauptamtlicher Gewerkschaftstätigkeit Anfang Oktober in den Ruhestand.
Newsletter: Manfred, als Fachbereichsleiter Medien, Kunst und Industrie hattest du einen großen Bereich zu führen, von den Zeitungen und Zeitschriften über die Rundfunkanstalten, hier ist vor allem der hr zu nennen, der ehrenwerte Verband deutscher Schriftsteller, VS, die Drucker und dazu zählen auch Tapeten- oder Kartonagenfabriken sowie die Theater. Wie behält man da den Überblick?
In der Aufzählung fehlen noch die Kinos, die Filmwirtschaft, Musikschulen und Künstler*innen aller Couleur. Mit der Besonderheit, dass im Fachbereich viele Freie und Selbständige aus dem Medien- und Kulturbereich organisiert sind. Klar ist es nicht einfach, in einem so vielfältigen Fachbereich den Überblick zu behalten. Viele Bereiche kannte ich schon aus den Zeiten der IG Medien, anderes habe ich mir vor allem durch Betriebsbesuche erschlossen. Die Kolleg*innen des Staatstheater Kassel haben mir zum Beispiel gleich zu Beginn ermöglicht, hinter die Kulissen zu schauen. Eine gewisse Neugier ist da nicht von Nachteil. Ich konnte dabei sicher auch von meiner früheren journalistischen Tätigkeit profitieren.
Ein Gesamtüberblick durch den Fachbereichsleiter ist natürlich wichtig. Viel wichtiger aber ist ein gutes Team, um Betriebs- und Personalräte und Vertrauensleute der verschiedenen Branchen gut und kompetent zu unterstützen und Tarifkämpfe führen zu können. Dafür, dass das gut geklappt hat, bedanke ich mich bei meinem Team.
Newsletter: In deiner Zeit beim Fachbereich Medien in ver.di Hessen hat sich der Zeitungsmarkt im Bundesland komplett verändert. Von der publizistischen Vielfalt zum Land mit hauptsächlich zwei tonangebenden Verlagen Ippen und VRM. Wie hast du das aus gewerkschaftlicher Sicht erlebt?
Seit 2008 gab es kaum ein Jahr, in dem es zu keiner Übernahme oder Schließung von hessischen Regionalzeitungen gekommen ist. Immer wieder haben wir in diesen Fällen auf die immer größer werdende Markt- und Meinungsmacht der VRM und der Ippen-Gruppe hingewiesen. Wie bei Ippen durchregiert wird, hat sich ja erst jüngst gezeigt: Die Ippen-Zeitungen, zu denen auch die „Frankfurter Rundschau“ gehört, durften auf Anweisung des Verlegers Dirk Ippen nicht über die Vorgänge um den Chefredakteur der Bild-Zeitung berichten, die das Investigativ-Team der Ippen-Gruppe recherchiert hatte. Ein erbärmliches Handeln von Dirk Ippen. Er hat das Vertrauen vieler Menschen in die Tagespresse erschüttert. Gut, dass die Redaktion der „Frankfurter Rundschau“ das öffentlich gemacht und dagegen protestiert hat.
Für die Kolleginnen und Kollegen in den Verlagen und Druckereien der VRM und der Ippen-Gruppe stellt sich freilich noch ein ganz anderes Problem: Durch Tarifflucht haben sich beide Konzerne von ihrer sozialen Verantwortung für die Belegschaften verabschiedet.
Newsletter: Dein größter beruflicher Erfolg bei ver.di? Was hat dich als Gewerkschafter am meisten gefreut?
Erfolge, zum Beispiel bei Tarifverhandlungen, sind oft nur temporär. Alles Erreichte muss immer wieder verteidigt werden. Das ist dann weniger spektakulär. Ein anderes Beispiel: Betriebsschließungen und Personalabbau gehörten in den letzten Jahren in der Druck- und Verlagsbranche leider zu den Dauerbrennern unserer Arbeit. Wenn es dann gelingt, die Zahl der Kündigungen niedriger zu halten als vom Arbeitgeber geplant, wird das natürlich nicht als großer Erfolg wahrgenommen. Aber wir sind es unseren Mitgliedern schuldig, um jeden Arbeitsplatz und um höhere Abfindungen zu kämpfen.
Natürlich gibt es auch Erfolge, auf die wir richtig stolz sein können. Wir haben es erreicht, dass die Betriebsräte vieler Betriebe der hessischen Papier-, Pappe- und Kunststoffverarbeitung gut miteinander vernetzt sind. Bei allen Tarifrunden dieser Branche seit der ver.di-Gründung haben sich die hessischen Kolleg*innen dieser Branche mit zum Teil massiven Streiks an den Tarifbewegungen beteiligt. Gleiches gilt für die Kolleg*innen der Staatstheater und der städtischen Theater in Frankfurt und Rüsselsheim.
Auch in der Kinobranche ist uns einiges gelungen. Die ganz jungen Belegschaften der großen Ketten Cinestar und Cinemaxx haben 2019 mit monatelangen Streikaktionen erfolgreich neue Tarifverträge durchgesetzt. Mit dabei waren Kolleg*innen aus Frankfurt und Offenbach.
Und last but not least: Am 3. Dezember 2019 fand erstmals in der Geschichte des Hessischen Rundfunks ein Warnstreik bei dem Sender statt.