ver.di verlässt Tarifgemeinschaft mit Zusteller-Dachverband VdV

Pressemitteilung vom 17.12.2021

Rund 44.000 Menschen sind nach Angaben der Arbeitgeber in Hessen im Bereich Speditionen, Logistik, Kurier- Express- und Paketdienst beschäftigt. Für sie bringt das Jahresende neben einem enormen Anstieg an Arbeit auch gleichzeitig einen Wechsel in der tarifpolitischen Geschichte. Die Gewerkschaft ver.di hat zum 31.12.2021 alle mit dem zuständigen Arbeitgeberdachverband VdV Hessen e.V. geschlossenen Tarifverträge gekündigt. Andreas Jung, ver.di-Tarifverhandler: „Seit Jahrzehnten müssen die hessischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Arbeits- und Einkommensbedingungen leben, die weder zeitgemäß noch zumutbar sind. Beispiele sind altersdiskriminierende Urlaubsregelungen, unterschiedliche Behandlung von Angestellten und Arbeitern, ein niedriges Entlohnungsniveau mit wenig Differenzierungsmöglichkeiten, Nachtzuschläge von unüblichen 15 Prozent und vieles mehr.“

Wie geht es nun weiter? Die Gewerkschaft ver.di fordert künftig nicht mehr den Arbeitgeberverband, sondern die einzelnen Arbeitgeber der Branche zu Verhandlungen auf. Dies ist damit begründet, dass der Arbeitgeberverband in den letzten Jahrzehnten keine Neigung hatte, tatsächlich für Modernisierung und Erneuerung des Tarifwerkes bereit zu sein. Die Gestaltungsoptionen sind hier eher als gering anzusehen, während sich viele einzelne Arbeitgeber ihrer Rolle – auch in sozialen Belangen – durchaus bewusst sind.

Die Zeit ab dem 1.1.2022 ist in Hessen somit in der Branche als tariflos anzusehen. Dies bedeutet aber für Mitglieder der Gewerkschaft ver.di, dass für sie die Nachwirkung der Ansprüche auf die tarifvertraglichen Regelungen gemäß Tarifvertragsgesetz gilt und sich erst mal nichts ändern kann, bis neue, dann natürlich bessere und vor allem zeitgemäße Tarifregelungen abgeschlossen sind.

„Die einzelnen Arbeitgeber werden nun in einer ersten Welle zu Tarifverhandlungen aufgefordert, Ergebnisse sind nicht vor Mitte 2022 zu erwarten“, schätzt Jung. Streikmaßnahmen noch vor Weihnachten 2021 sind weder möglich noch geplant, für den Verlauf des Jahres 2022 jedoch nicht auszuschließen: Andreas Jung: „Hier hängt es einzig und allein von den Reaktionen der Arbeitgeberseite ab.“