Beamtenbesoldung auf dem juristischen Prüfstand

23.08.2023

"ver.di fordert, dass der Gesetzgeber, also die hessische Landesregierung, nicht warten soll, bis das Gericht letztendlich entschieden hat. Das Besoldungsgesetz ist schließlich Aufgabe der Legislative, nicht der Judikative."

Thomas Winhold, zuständig für Beamt*innen

Nullrunde für Beamtinnen und Beamte

Wir erinnern uns: Die schwarz-grüne Landesregierung hatte den Beamten 2015 eine Nullrunde verordnet, für 2016 und 2017 eine Steigerung ihrer Bezüge lediglich um ein Prozent. 2017 wurden die Bezüge im Juli um 2 Prozent und dann im Februar 2018 um weitere 2,2 Prozent erhöht. Allerdings hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) schon im Mai 2015 Grundlagen für die Berechnung von Besoldungsanpassungen aufgestellt. Einige der Betroffenen zogen vor Gericht, weil sie diese als nicht eingehalten betrachteten.

Richter entschieden: Besoldung ab 2013 zu niedrig

Sie erzielten 2021 einen wichtigen Etappensieg. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (HessVGH) entschied am 30.11, die Besoldung in A 6 war mindestens in der Zeit von 2016 bis 2020 unter verfassungsgerichtlichen Gesichtspunkten zu niedrig. In der Besoldungsgruppe W-2 sogar in der Zeit von 2013 bis einschließlich 2020. Gleichwohl sah sich das Gericht gezwungen, den Streitfall dem BVerfG zur letztendlichen Entscheidung vorzulegen.
Nach dem Urteil hatte ver.di Hessen sich in einer Pressemitteilung zum Thema geäußert.

ver.di: Landesregierung betreibt Sparpolitik auf dem Rücken der Beamt*innen

Rainer Lach, Vorsitzender des ver.di-Landesausschusses der Beamt*innen kommentierte 2021: „Zwar ist mit dieser Entscheidung klargestellt, dass das Land Hessen Sparpolitik auf dem Rücken der über 100.000 Beamtinnen und Beamten im Bereich des Landes, der Städte, Gemeinden und Landkreise sowie der Sozialversicherungsträger betrieben hat. Damit ist den Betroffenen aktuell aber nicht geholfen“. Lach wies darauf hin, dass die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom März 2018 stammte und somit damals bereits über drei Jahre alt war. Mittlerweile sind es fünf.

2021: Landesregierung soll sofort handeln und nachzahlen 

Daher forderte Lach das Land 2021 auf, unmittelbar zu handeln und nicht den weiteren Rechtsweg zu beschreiten. Dabei müsse dann auch über eine Anpassung aller Besoldungsgruppen gesprochen werden, weil es ansonsten zu systematischen Brüchen kommen kann. Der damalige Ministerpräsident Bouffier erklärte am 8.12.2021 im Landtag im Rahmen der Beratung des Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes 2022/2023, dass die schriftlichen Entscheidungsgründe geprüft würden, um dann möglicherweise direkt eine Anpassung vorzunehmen. Damals war noch offen, wann die Entscheidung im vollen Wortlaut vorliegen würde.

Formal: Anträge auf amtsangemessene Besoldung stellen

ver.di Hessen empfahl damals ihren Mitgliedern, "noch bis zum Ende des Jahres 2021 Anträge auf amtsangemessene Besoldung zu stellen - auch im Hinblick auf den Familienzuschlag für Beamtinnen und Beamte mit drei oder mehr Kindern“, so der auch für Beamt*innen zuständige Gewerkschaftssekretär Thomas Winhold.

2023: Immer nocht nicht entschieden

Das Verfahren ist vor den Gerichten noch anhängig, das heißt letztendlich ist nicht entschieden. ver.di fordert hier, dass der Gesetzgeber (=die hessische Landesregierung) nicht warten soll, bis das Gericht das letzte Wort gesprochen hat. Das Besoldungsgesetz ist schließlich Aufgabe der Legislative, nicht der Judikative.

Land hat finanziellen Ausgleich begonnen

Als Ausgleich für die oben genannte Nullrunde veranlasste die Landesregierung im Juni 2023 eine weitere Anhebung der Bezüge um 3 Prozent zum 1.4.23 und weitere 3 Prozent zum 1.4.24. Dies ist zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung, jedoch bei weitem nicht ausreichend, um die gerichtlich gerügten Einnahmeverluste zu kompensieren. Außerdem ist keine Nachzahlung für die Verluste der vergangenen Jahre beschlossen worden, so dass aus Sicht von ver.di der Gesetzgeber seiner Verpflichtung bislang nicht nachgekommen ist.

Tarifrunde Hessen 2021 - Ergebnis wieder auf Beamte übertragen

Im Nachgang zur Tarifrunde TV-Hessen, bei der eine system- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses auch auf die hessischen Beamtinnen und Beamten vereinbart werden konnte, erfolgte eine Anhebung der Tabellenwerte der Besoldungstabelle zum 1.8.22 um 2,2 Prozent und zum 1.8.23 um 1,89 Prozent.